RHIZOM

ist - im Kontext der Botanik - ein Wurzelsystem, das keine Hauptwurzel hat, beispielsweise das Myzel von Pilzen.

Deleuze/Guattari verweisen darauf, das selbst ein Baum an sich rhizomorph ist, insofern, als nur im abstrahierenden Modell von einer Kausalität der Beziehungen zu sprechen wäre, tatsächlich dagegen die einzelnen Elemente ein wesentlich komplexeres Beziehungsgefüge bilden.
Daraus folgt, daß Kommunikation nicht entweder baumartig oder rhizomorph ist, sondern daß es darauf ankommt, die Baumstruktur als Modell, das rein ideel ist (vgl. Deleuze/Guattari 1980/1992, S.14) aufzugeben und statt dessen eine rhizomatische Beschreibung von Kommunikation anzustreben: Eine rhizomorphe Kommunikation wäre demzufolge eine solche, bei der keine Sender-Empfänger-Struktur angenommen wird, sondern ein System reziproken Austauschs zwischen allen gleichberechtigten Kommunikatoren:
Anders als zentrierte (auch polyzentrische) Systeme mit hierarchischer Kommunikation und feststehenden Beziehungen, ist das Rhizom ein azentrisches, nicht hierarchisches und asignifikantes System ohne General.

Eigenschaften des Rhizoms nach Deleuze/Guattari sind:
Im Unterschied zu Bäumen oder ihren Wurzeln verbindet das Rhizom einen beliebigen Punkt mit einem anderen beliebigen Punkt, wobei nicht unbedingt jede seiner Linien auf andere, gleichartige Linien verweist.

Aus all diesen Eigenschaften folgt, daß das Rhizom keine abstrakte Einheit als ideele Vorstellung sein kann, sondern eher der Name für einen Prozeß. Man kann daher strenggenommen nicht von "einem" Rhizom sprechen, sondern nur von der "Rhizomorphizität" von Kommunikation überhaupt. Jedes Rhizom ist nicht in sich abgeschlossen, sondern existiert einzig in seinen internen Beziehungsfelderen u.v.a. in den Verhältnissen, die es zu externen anderen Beziehungsfeldern hat...

Ein Rhizom existiert nicht als Entität, sondern macht immer schon Rhizom mit anderen Rhizomen. Mit dem Begriff Rhizom-machen verweisen Deleuze/Guattari darauf , daß es auf den Prozeß der Produktion ankommt, nicht dagegen auf die Produkte selbst, die nur ephemer sind:

Es genügt aber nicht zu rufen Es lebe das Mannigfaltige! [...]. Das Mannigfaltige muß gemacht werden [...].
(ebd., S.16)

Insofern aber ist die Theorie des Rhizom keine Utopie, weil eine Utopie immer einen abgrenzbaren, nicht mehr zu verändernden Idealzustand beschreibt. Mannigfaltigkeit dagegen ist der Name für das sich immer schon produzierende Gefüge von Materialitäten, das Kommunikation heißt.

[aus: http://www.ruhr-uni-bochum.de/www-public/niehaabp/Rhizom/rhizome.htm]

Wie definiert sich das Rhizom?

Nach Deleuze und Guattari hat das Rhizom sechs grundlegende Merkmale.

1. und 2. Das Prinzip der Konnexion und Heterogenität
Dieses Prinzip impliziert sowohl, daß jeder Punkt mit jedem anderen beliebigen Punkt verbunden werden kann und muß (Konnexion), als auch, daß das eben jene Verbindungen eigenständig und unabhängig voneinander bleiben.

3. Das Prinzip der Vielheit
s.o.

4. Das Prinzip des asignifikanten Bruchs
Ein Rhizom kann an jeder beliebigen Stelle gebrochen oder zerstört werden; es wuchert entlang seinen eigenen oder anderen Linien weiter. Anders ausgedrückt - Haben Sie schon einmal versucht eine Quecke oder einen Ameisenbau, hat er ersteinmal eine gewisse Größe in ihrem Garten erreicht, zu zerstören?

5. und 6. Das Prinzip der Kartographie und Dekalkomonie
Ziel ist es nicht Kopien zu erstellen, sondern Karten zu machen. Die Karte ist offen, sie kann in allen ihren Dimensionen verbunden, demontiert und umgekehrt werden, sie ist ständig modifizierbar.

[aus: http://kunst.erzwiss.uni-hamburg.de/Meyer/Hypermed/rhizom.htm]

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